Weihnachtlicher Badespaß

Eine wahre Begebenheit – zum Schmunzeln

 

Es war Anfang der 1960iger Jahre. Zu dieser Zeit hatte hier bei uns im Erzgebirge auf den Dörfern noch keiner ein richtiges Bad. Gebadet wurde in der Küche, in Holz- oder Blechbadewannen, die am Sonnabendabend dort aufgestellt wurden. Eine Decke an einer Wäscheleine davor aufgehängt schützte vor neugierigen Blicken…

Heißes Wasser wurde auf dem Küchenherd in großen Töpfen „zubereitet“ und dann wurde der Reihe nach gebaden: zuerst die die Kinder und wenn die dann zu Bett waren, die Eltern – eine wirklich wassersparende Geschichte!

Gebadet wurde natürlich auch vor Feiertagen. Und hier beginnt unsere Geschichte: Es war der Abend vor Heilig Abend. Auch bei Familie S. wurde nach dem Abendbrot die Blechbadewanne in der Küche aufgestellt. Die Älteren werden sich noch gut an diese „Zink-Badewannen“ aus Schwarzenberg erinnern, die am Fußteil schmal, gegenüber aber breit und ausladend schräg waren. Für das jung verheiratete Paar Monika und Peter S. sollte es ein ganz besonderer Badeabend werden, ein vorweihnachtlicher Badespaß – man wollte mal gemeinsam Baden!

So hat es jedenfalls Monika am nächsten Tag, also am Heilig Abend vormittags beim Fleischer erzählt. Der Laden war brechend voll. Alle standen an, um ihre bestellten Bratwürste beim Pöttrich-San abzuholen. Die Bratwürste vom Pöttrich-San-Fleischer waren mit die bestem im Ort und Lene und Erich hatten alle Hände voll zu tun, die vielen Bratwürste abzuzählen, zu wiegen und einzupacken. Die beste Gelegenheit diese Wartezeit mit einem kleinen Schwatz und eben mit dieser Geschichte zu verkürzen, dachte sich wohl dabei die Monika.

Also in der Küche war es gemütlich warm. Ihr Peter hatte schon im schmalen Teil der Wanne „Platz genommen“. Er war schlank und klein und passte gut dort rein. Aber das brauchte die Monika den Frauen im Laden nicht zu erzählen – jeder kannte das ungleiche Paar: Ja im Vergleich zum Peter hatte die Moni sicherlich das 3fache an Gewicht und Volumen auf die Waage zu bringen. Im Laden war es mucksmäuschenstill geworden, als sie weiter erzählte. Auch sie hatte sich, nachdem sie das Licht ausgemacht hatte und nur noch der Christbaum brannte, ausgezogen und wollte sich nun elegant auf dem breiten schrägen Wannenende zu ihrem Peter in die Wanne hineingleiten lassen. 
Ein kleiner nasser Fleck auf dem Linoleum-Fußboden war wohl Schuld daran, dass es anders kam und das ganze „Ugelück“ seinen Lauf nahm: Nur noch auf einem Bein stehend rutschte sie plötzlich aus und landete mit der ganzen Masse ihres Hinterteils auf dem schrägen Wannenende. Dadurch wurde das gegenüberliegende schmale Wannenende mitsamt Wasser und ihrem Peter schlagartig nach oben gekippt, ja förmlich nach oben geschleudert. Die Moni sah nur noch ihren Peter über sich hinwegfliegen, das Wasser ergoss sich über sie, die mitsamt Wanne auf dem Rücken am Boden lag. Ihren Peter war es schlechter ergangen, er landete direkt im Christbaum, den sie gerade vor ein paar Stunden geschmückt hatte, die ganze Küche schwamm…!!! An weihnachtlichen Badespaß war nicht mehr zu denken ! bild badespass


So ähnlich hat uns das also die Monika an diesem Heilig Abend Vormittag beim Pöttrich-San-Fleischer erzählt. Die gerade noch ruhig und geduldig wartende Schaar Frauen und Kinder, die eigentlich nur ihre Bratwürste holen und schnell wieder nach Hause wollten fingen an zu brüllen und quieken, krümmten sich vor Lachen und hielten sich die Bäuche. Als 12jähriger da zwischendrin konnte es einem richtig Angst werden…
Es dauerte lange bis sich alle wieder beruhigt hatten, doch jede kleine Bemerkungen wie etwa „nackig im Christbaam“ und „dann Peter ward‘s arscht mol vergange sei“ lösten neue Lachsalven aus.
Ich war froh, als ich endlich an der Reihe war und mit meinen 16 Bratwürsten aus diesem Laden voller kreischender Weibsen raus konnte!
 

Glück Auf !

Wolfgang Süß

im Januar 2014