Dos fätzt ...

Viele neuzeitliche Modewörter und Kraftausdrücke entstehen in der Szene der Großstädte oder werden aus dem Englischen übernommen: man bleibt "cool", es ist "in" oder "out", man findet etwas "voll geil" oder "super" usw. Eine echte Ausnahme ist es schon, wenn jetzt der alte Ausspruch unserer erzgebirgischen Mundart: "Fäätz machen" zu einem solchen neuzeitlichen Modewort erhoben wird. Auf einmal heißt es überall "es fätzt" oder es ist "fätzig".

Das hochdeutsche Wort "fatzen", das soviel wie foppen, necken, spotten bedeutete, wird schon lange nicht mehr verwendet. Im Erzgebirgischen blieb es erhalten und hier kommt diesem Wort sogar noch eine zweite Bedeutung hinzu: Fatzen heißt bei uns auch rennen, laufen, schnell hin- und herbewegen. Zurückzuführen ist diese zweite Bedeutung auf die Sprache der "Fatzer". Arbeitslos gewordene erzgebirgische und bömische Bergleute zogen Mitte des 19.Jahrhunderts in ihrem Bergmanns-Habit (Huuwiet sogt mr in Kinneschwall) in die Ferne und verdienten sich mit Musizieren ihren Lebensunterhalt. Diese Wandermusikanten entwickelten eine eigene Geheimsprache, de Fatzer-Sproch. Sie ist verwandt mit dem Rotwelsch, der Gaunersprache.

Das eigentlich Interessante dabei ist, daß wir noch heute in unserer täglichen Umgangssprache im erzgebirgischen Dialekt viele Begriffe aus dieser Fatzersprache verwenden ohne es zu bemerken. Erst wenn man von Fremden nicht verstanden und darauf angesprochen wird, stellen wir verwundert fest, daß es den Ausdruck im Hochdeutsch gar nicht gibt oder dort eine völlig andere Bedeutung hat.

Dazu ein paar Beispiele:

 

Fatzersprache

 

 

Fatzersprache

laufen, rennen

fatzen

 

verkaufen

verklitschen

Gefängnis

Pommerle

 

rauchen

quarzen

Kopf

Däz

 

ohrfeigen

dachteln

Lampe

Funsel

 

schlechter Schnaps

Fusel

stehlen/mausen

beschummeln

 

Zwerg

Hieferle

Bauch

Ranzen

 

betrügen

aaschmiern, aarußn

Bier

Blembe

 

frieren

bibern

Geld

Zaster

 

schlau

ausgekocht

braten

prageln

 

schlafen

natzen

Busen

Sunntign

 

putzen

fummeln

Wanderbuch

Flebbe(n)

 

schauen

illern

Noch eine Besonderheit: Die Preßnitzer Wandermusikanten wurden alle "Schaller" genannt – vielleicht kommt davon auch die Bezeichnung unserer Schaller-Güter, denn ein Bezug auf den Namen eines ehemaligen Besitzers läßt sich nicht finden.
Hier schließt sich der Kreis zu den Königswalder Spitznamen ! Ich habe mich gefreut, daß der Beitrag im Dorfblatt/Juni 2000 soviel Zuspruch gefunden hat (und Beschwerden gab es auch keine). Ich bedanke mich bei allen, die beim Sammeln dieser Namen halfen, stellvertretend beim Richter-Gotthard, der mir eine ganze Liste mit Namen/Spitznamen gegeben hat, die heute zusammen mit anderen noch ergänzt werden können: Nieselpriem, Drackbaumel, Schuster-Lieb, Stümpel-Lob, Mäne-Gust, Hie-Ha-Heinrich, Doppelarsch, Edelmaa-Oswald, Mahlflack-Rudolf, Ehregott-Tischler, Emil-Fried‘, Tafelt-Bruno, Galaun, Pelle, Büttner-Schuster, Schmalzgrübner-Linna ... Am Ende noch ne Dodo-Erwin sei Lieblingsspruch: "alle Weiber wosn Wally haßn – schiene Weiber sei..."

 

Glück Auf !

Wolfgang Süß

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