Im Grumbacher Torfmoor

Bevor die Braunkohle um die Jahrhundertwende in Form von Rohbraunkohle oder gepreßten Briketts ihren Siegeszug als Heizmaterial antreten konnte, war das Holz unserer einheimischen Wälder der Brennstoff Nr.1 für das Heizen und Kochen im Haushalt. Doch Brennholz war teuer. Man ging sparsam damit um. Geheizt wurde nur ein Raum. Arme Leute mußten sich ihr Feuerholz selbst beschaffen. Das Holzsammeln war an der Tagesordnung. Dazu brauchte man einen Leseschein (fürs Holz auflesen), den es gegen Gebühr beim zuständigen Forstamt gab und der den Familien ein bestimmtes Waldstück zuwies.

Auch das Stöcke roden, das Stöckraustue, war als Feierabendtätigkeit zur Brennholzbeschaffung in unseren erzgebirgischen Wäldern weit verbreitet. Und es war eine schwere Arbeit. Nicht umsonst entstand der erzgebirgische Ausspruch:

de Stöck, die machen 3 mol Hitz:
is erschte Mol, wenn mr se raustue,
is zweete Mol, wenn mr se klaa macht,
un is dritte Mol, wenn mr se in Ufn steckt !!!

Doch es gab noch eine Alternative: Torf !!!

Torf ist ein Naturprodukt. Es entsteht aus der Zersetzung pflanzl. Stoffe unter Luftabschluß. Es ist die Vorstufe der Braunkohle und enthält 55 bis 64 % Kohlenstoff, also fast soviel wie Braunkohle. Beim Abbau im Torfstich enthält es aber noch bis 80% Wasser, das durch Pressen in Holzformen und anschließendem Aufstapeln und Trocknen der ziegelförmigen Torfbrennsteine entfernt wird. Das Heizen mit Torf war komfortabler, die Glut hielt länger nach und man mußte nicht dauernd Nachlegen, wie beim Holzfeuern.

Auch in unserer unmittelbaren Umgebung gab es früher einen Torfstich, wo solche Torfziegel hergestellt worden, das Grumbacher Torfmoor.

Dieses Hochmoor im Ratswald zwischen Königswalde und Grumbach in 770 m ü. NN ist als großflächige Vermoorung in der etwa 1,5 km langen flachen Quellmulde des Sandbaches entstanden und besteht aus einer bis zu 1 m mächtigen Torfschicht. Ein kleiner Teil dieses Hochmoores wurde bis 1914 in einem Torfstich abgebaut. Der Abbau erfolgte hauptsächlich westlich der sogenannten "Faulen Brücke", dem Übergang des Ratsgerichter Weges über dem Quellwasser des Sandbaches, womit aber weniger eine Brücke, sondern ein Knüppeldamm bezeichnet worden ist, der den Weg durch das Hochmoor befestigte.

Der letzte Torfmeister, Karl Bräuer aus Grumbach, war auch der letzte Besitzer des alten Torfhauses, das sich neben dem Torfmoor an der Kreuzung Königswalder Str. (=Ratsgerichter Weg) und Mildenauer Weg befand.

 

Bis 1910 soll es, volkstümlich als "de Rutkatl-Schenk" (Rotkehlchen-Schenke) bezeichnet, eine beliebte Einkehr gewesen sein. Besonders die Schüler und Lehrer des ehemaligen Grumbacher Lehrerseminars seien noch lange nach Auflösung dieses Privatseminars gerne hierher zur Sommerfrische gekommen ! Der Bräuer-Karl habe dabei auch als Musikus viel zur stimmungsvollen Unterhaltung seiner Gäste beigetragen und sie gerne mit seinem sprichwörtlich berühmten "Torfhaus-Kasebruut" bewirtet.

1914 wurde die Arbeit im Torfstich eingestellt.

Ein paar Jahre später brannte das Torfhaus ab.

Nach 1945 wurde hier noch einmal eine kurze Zeit lang Torf gestochen. Auch das Stöckraustue kam bis Ende der fünfziger Jahre wieder sehr in Mode. Die Brennstoffknappheit der Nachkriegsjahre ließ die Menschen wieder zum Holzsammeln in die Wälder ziehen.

Heute ist das Torfmoor ein Biotop mit einer interessanten Vielfalt seltener Pflanzen und Tiere. Die Natur hat sich den alten Torfstich längst wieder zurückgeholt und der einst viel befahrene Weg von Königswalde nach Grumbach, der Ratsgerichter Weg, ist ein schmaler Wanderweg geworden. Nur noch der Name "Torfstraße", ein Waldweg hinauf nach Jöhstadt, erinnert heute noch an das alte Torfhaus und den Torfstich im Annaberger Ratswald.

 

 

Glückauf

Wolfgang Süß

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